Alles AI oder was? Das war der Adobe Summit Europe 2023!

08. - 09. Juni 2023

Als langjähriger Adobe Gold Partner und Strategic Partner für den Mittelstand war die TechDivision auch dieses Jahr mit einigen Kolleg*innen wieder auf dem Adobe Summit EMEA vertreten, der am 08. & 09. Juni in London stattfand und bei dem rund 5.000 Teilnehmer vor Ort waren. Es gibt einige interessante Trends und Neuheiten, von denen wir in unserem Blogpost berichten möchten.

Das unausgesprochene Motto des 2023er EMEA Summits in London war “Alles wird noch schneller, schöner, bunter durch „generative AI“, die Kreativen die Arbeit erleichtern soll”. In beinahe jeder Keynote, die die beiden Vormittage einnehmen, wird gezeigt und gefeiert, was AI in Zukunft alles kann: Bilder erweitern, Teilmotive hinein (spiegelnde Seen, Nordlichter, wasserdichte Rucksäcke) oder auch wegzaubern (Ex-Partner, Ölflecken), Texte generieren und Kampagnen ausführen.

Und obwohl die neue Technik auf Adobes eigener AI, genannt Sensei überall dienstbeflissen kleinere Wunder vollbringt, oder wenigstens mühselige Arbeiten wegrationalisiert, beteuert die gesamte Führungsetage des US-Konzerns, dass dies keinesfalls Jobs kosten wird. Stattdessen soll durch Unterstützung von künstlicher Intelligenz mehr Zeit und Möglichkeiten für kreative Arbeit und echte Mehrwerte bleiben. Die Möglichkeiten sind jedenfalls beeindruckend und ehrlicherweise muss man zugeben, dass gerade kleinere Marketing-Abteilungen von Maschinen-generierten Bildern und Texten profitieren werden.

Was bleibt, ist der Eindruck, dass Adobe auf den “AI-Zug” aufspringen muss, weil das Thema in aller Munde ist und weil das eigentliche Hauptthema einzigartiger Digital Experiences und damit auch Personalisierung von Inhalten hier ebenfalls AI in unterschiedlichsten Ausprägungen benötigt. Neben dem aktuell ganz allgemein omnipräsenten Thema Artificial Intelligence waren die nach unserer Einschätzung wahren Stars des diesjährigen Adobe Summit Europe aber andere Themen. 

Enten in einer Reihe

In dem umfassenden Portfolio von Produkten, die Adobe in den vergangenen Jahren zusammengetragen hat, um damit das unangefochten führende Portfolio zum Thema Digital Experience Management aufzustellen, stellt sich auch den größten Marketing-Maschinerien eine entscheidende Frage: Wer soll das noch alles im Blick, unter Kontrolle und im Plan behalten. 

Die Vielzahl an Kanälen, multipliziert mit Sprachen, Märkten, Formaten und zu guter Letzt, auch noch Zielgruppen, ist kaum zu beherrschen. Adobe hat dieser Herausforderung vier wesentliche Strategien entgegenzusetzen:

1. Integration

Kein anderer Hersteller hat die Bandbreite an Lösungen im Köcher und kein anderer hat die einzelnen Datenströme, Inhalte und Funktionen kontinuierlich weiter und tiefer integriert

2. Standardisierung

Adobe hat alle Produkte, die es nicht von Haus aus waren, in die Cloud gebracht und ist dabei, sie auf Basis der AEP (Adobe Experience Platform) auf eine gemeinsame Datenplattform zu stellen. Darauf bauen Services auf, die langfristig Produkte ersetzen oder modularisieren können: der Adobe Journey Optimizer bzw. die Real-Time Customer Data Platform (RTCDP) zeigen, wie das aussehen könnte.

3. Orchestrierung

Adobe hat vor vier Jahren mit Workfront ein Tool zur Arbeitsorganisation gekauft und zeigt nun immer häufiger und konkreter, was man sich damit für Möglichkeiten erschaffen hat. Auf der Ebene der Arbeitsorganisation über System- und Organisationsgrenzen hinweg zu denken und handeln zu können, macht die Vielzahl der Systeme erst nutz- bzw. im Ansatz beherrschbar. „With Workfront and Gen AI, you do get your marketing ducks in a row. And they are happy ducks“, sagt ein Experte am Workfront-Stand.

4. Automatisierung

Um das in Zeiten schrumpfender Budgets bei gleichzeitig explodierender Komplexität leisten zu können, muss dringend effizienter gearbeitet werden können. Hier spielen alle oben genannten Aspekte zusammen und verbünden sich mit den ständig wachsenden Funktionen der Künstlichen Intelligenz, um wiederholbare, vorhersehbare und damit rationalisierbare Abläufe an Sensei abzugeben.

 

Mit Industrie-Wording zur Marketing-Rationalisierung: Die Content Supply Chain

In der Präsentation von Scott Belsky (Adobes Chief Strategy Officer) am zweiten Morgen der Konferenz blitzt es kurz auf: Adobe räumt eigentlich per AI und Workfront  in der „Content Supply Chain“ auf und setzt alles daran, um die Abläufe bei Kunden schneller und effizienter zu machen. Das Adobe-Mindset dabei ist immer noch eins von „Schneller, besser“ und vor allem „mehr“. Es wird vielleicht noch 1–2 Jahre dauern, bis man in San José offen ausspricht, was sich dem Beobachter mit einem europäischen Mindset jetzt schon aufdrängt: Der Adobe Ansatz adressiert perfekt das immer wichtiger werdende Thema Nachhaltigkeit, indem Adobe Tools einfach mehr Effizienz ermöglichen. 

In dieser (neuen) Welt wird weniger am Kunden vorbeikommuniziert, weniger, aber dafür das richtige bestellt (welches nicht zurückgeschickt werden muss), es wird menschlicher kommuniziert, weil die Automatisierung sinnvoll und nicht mit dem groben Schrot eingesetzt werden muss. Darauf angesprochen, blicken einen die dazu gefragten Adobe-Mitarbeiter erstaunt an: “Stimmt eigentlich, daran habe ich noch gar nicht gedacht.” 

Rettung durch Sabotage

Bis dahin tut sich Adobe teilweise auf der großen Bühne noch schwer, sich selbst zu verstehen und gibt zuweilen auch dem Publikum gern Rätsel auf. Der Plot ist an beiden Vormittagen sprunghaft, manchmal sogar rätselhaft. Eben war man noch im Smalltalk mit der großartigen Dame Emma Thompson, plötzlich ist man im Frauenfußball. Beides super, aber wer hat da, wem welchen Ball warum zugepasst und wo ist eigentlich gerade das Tor?

Die großen Namen aus der Führungsetage wollen sich auf der Bühne nahbar und engagiert präsentieren, aber kaum jemand im Raum versteht akustisch, was Anil Chakravarthy oder Arthur Sadoun (Publicis Group CEO) eigentlich gerade gesagt haben. Aus ihren Teams erscheinen hochkompetente Frauen, die das perfekt können (Sonali Patel zum Beispiel). Adobes nächste Generation sollte hier gern früher als später noch stärker in die Show integriert werden. Dass sie das können, hat sich in London recht eindeutig gezeigt. 

Die besten Teile der Show in der großen Halle kommen an den unerwartetsten Momenten. Statt der angekündigten Tig Notaro ist Richard Ayoade eingesprungen und persifliert die Show Awards so gnadenlos, dass der üblicherweise schwierigste Agendapunkt zu einem Höhepunkt auf Umwegen wird. Der in UK ziemlich bekannte Comedian und Autor kühlt die Erwartungen auf minus 273 Grad runter und lässt sie danach nur um kaum ein halbes Grad auftauen. Konsequent liest er vom Zettel ab, nennt die Show „insert name of event here“ bis zum Schluss und spricht zum Start und bei jeder sich bietenden Gelegenheit von den zwei Dritteln, die den Preis nicht gewinnen werden und deren Nichtswürdigkeit.

Die Offiziellen von Adobe geben ihr Bestes, um cool zu bleiben und sind in ihrer Hilflosigkeit wunderbare Komparsen für Ayoades komplexes Spiel mit dem Übertreffen von Erwartungen durch strikte Sabotage. Der Stunt dürfte nicht wiederholbar sein, aber entweder stirbt damit das ad absurdum geführte Format der Award Show bei Software Konferenzen, oder ein Komödiant muss nächstes Jahr das Gegenteil tun und das Format auf intergalaktischem Niveau übertreiben. 

Das Highlight: Menschliche Intelligenz

Es sind also nicht die bunten Farben auf der Bühne, die schwungvolle und auf andere Weise bunte Konferenz-Party, die Ankündigungen von Neuigkeiten und vermeintlichen Sensationen, die die Reise wert waren. Es ist der schlichte, aber sehr wirkungsvolle Umstand, dass Adobe viele seiner besten Expert*innen nach London holt. Wer in den Breakout Sessions keine Antworten auf seine Fragen bekommt, findet an den Adobe-eigenen Ständen echte Koryphäen aus allen Produktwelten. Adobe’s finest beantworten, mit hörbarem Puls und zuweilen auch viel Nerd-Charme, tiefe und ernste Fragen und machen großartige Arbeit in der Vermittlung der Vielfalt und Leistungsfähigkeit “ihrer” Tools.

Bestes Zeugnis dieses großen Vorzugs der Veranstaltung war das elektrisierte Urteil einer unserer Kundinnen, die vor lauter Input und Ideen kaum wusste, womit sie am liebsten loslegen würde.

Genau so sollte es sein. Wenn diese Inspiration auch auf der großen Bühne angetrieben wird, wenn Adobe eine kohärente Vision formuliert, die in die Zeit passt (Nachhaltigkeit im Zentrum!) und gleichzeitig das einzigartige Toolset des Konzerns zur Gestaltung modernen Marketings ins Licht einer schlüssigen Perspektive rückt, dann ist die Chefetage auf dem Niveau angekommen, wo die Techies schon lange sind.

Und sonst noch?

Ein paar essenzielle Informationen gab es auch:

Keine Entscheidung im Frontend: Adobe zählt mittlerweile viereinhalb Frontend-Technologien, zu einem anderen Zeitpunkt wird sich eine oder zwei davon durchsetzen, es bleibt spannend, denn bis jetzt ist nicht klar, welche das sein werden. Hierfür stehen die Solution Consultants der TechDivision aber jederzeit zur Verfügung, um je nach Anwendungsfall, den genauen Anforderungen und der jeweiligen Architektur eine Empfehlung aussprechen zu können.

Adobe kann (und will) jetzt auch auf composable Architekturen setzen und positioniert Franklin in diesem Segment. Die neue, mit Lighthouse Score 100 out of the box, sehr schnelle und damit auch energieeffiziente Frontend Technologie hat ihren Platz im Lizenzmodell noch nicht gefunden, muss aber fast “the next big thing” werden. Zu Franklin haben wir bereits vor geraumer Zeit einen Blogpost “Von Headless zu Bottomless” mit weiteren Informationen und Insights veröffentlicht. 

Anaplan erscheint auf vielen Slides schon als Adobe-eigenes Tool, man darf nicht darüber reden … aber die Lösung für vernetzte Finanzplanung wäre eine sinnvolle Erweiterung dessen, was man mit Workfront angefangen hat: ganzheitlich auf Organisationsebene auf (Marketing-) Workflows blicken und die Herausforderung der Orchestrierung annehmen und lösen.

Unter nachfolgendem Link findet man zudem noch eine Adobe Pressemeldungen mit einigen Highlights des diesjährigen EMEA Summit:
https://www.adobe-newsroom.de/2023/06/08/adobe-praesentiert-innovationen-in-adobe-experience-cloud/ 

Für diejenigen, denen das Ganze jetzt zu theoretisch ist: Im SPIN Digital Experience Lab, das wir gemeinsam mit Adobe betreiben, können die verschiedenen Adobe Tools in einer kohärenten Umgebung nicht nur live erlebt, sondern auch selbst ausprobiert werden. Weitere Informationen hierzu sowie die kostenlose Anmeldung zu einer geführten Demo-Tour gibt’s unter https://www.techdivision.com/spin