Was ist ein cross-funktionales Team?

Was es nicht ist

Deshalb erst mal, was ein cross-funktionales Team (CFT) nicht ist:

Alle können alles [nein]

Alle machen alles [nein]

Es ist aus drei Gründen wichtig, das festzuhalten. Erstens bedeutet es starken psychischen Druck für die Teammitglieder, wenn sie den Eindruck haben, sie müssten alles können, jede Aufgabe erledigen, jederzeit und überall einsetzbar sein – dazu gleich mehr. Zweitens soll ein CFT nicht aus Generalisten bestehen, sondern aus generalisierenden Spezialisten – dazu gleich mehr. Und drittens bezieht sich CFT nicht auf die Kompetenzen des einzelnen im Team, sondern auf die Gesamtkompetenz im Team – dazu gleich mehr.

Ein Team aus fünf Hardcore-Spezialisten, die so inselmäßig spezialisiert sind, dass sie gar nicht mehr miteinander reden können, ist also eine Art CFT. Nur vermutlich kein besonders Gutes, weil miteinander reden ja doch gar nicht so unwichtig ist im Team. So, jetzt die drei Argumente...

 

Nicht alle müssen alles machen

Druck ist – wie Angst – eine sehr schlechte Rahmenbedingung für gute, kreative, besonnenene Kopfarbeit. Es ist unbedingt zu vermeiden, dass Menschen unter negativ erlebtem psychischen Druck arbeiten. Der Druck „Hey, wir packen das zusammen, tschagga“ ist gut. Der Druck „Oh Gott, wie soll das nur alles gut gehen, und ich muss jetzt auch noch was machen, was ich gar nicht gut kann“ ist schlecht. Die meisten Menschen machen Dinge dann gut, wenn sie sie angstfrei und gerne machen. Extrinsische Motivation wie Geld oder Strafe hilft nur bei sehr (!) einfachen kognitiven Tasks und bei physischer Arbeit. Sonst schadet sie meist. Optimale Teamwork-Outcomes entstehen nicht unter Druck.

 

Nicht alle müssen alles können

Ein gutes CFT wird generalisierende Spezialisten hervorbringen, Leute, die Lust haben, über den Tellerrand zu schauen, im Paring mit anderen Teammitglieder Neues zu lernen. So sind mit der Zeit alle Teammitglieder mehr und mehr in der Lage, gemeinsam zu arbeiten, sich in Funktionen auszutauschen, auszuhelfen und zu wachsen. Generell soll das Konzept CFT den Charakter einer Wachstumsperspektive haben, keinen normativen. Wenn es eine Aufgabe gibt, die so speziell ist, dass nur Eva im Team sie lösen kann – dann soll Eva sie lösen! Idealerweise setzt sich aber Tom dazu und lernt etwas.

 

Ein gutes CFT ist wie Ocean's Eleven

Laura Klein hat ein gutes CFT mit einem „Heist Team“ verglichen (engl. „heist“ zu deutsch: Bankraub oder ähnliches). Alle arbeiten zusammen auf das eine Ziel hin (Bank ausrauben, Museum leer räumen, Produkt live bringen, Kunden glücklich machen). Jede/r hat seine ganz spezielle Begabung. Der Safeknacker kann Auto fahren, aber nicht so gut wie der Fluchtautofahrer. Sollte der Fluchtautofahrer ausfallen, wird das Team aber nicht den Mastermind-Planer anrufen und sagen: „Tom ist krank, deshalb bleiben wir im Museum, bis er wieder gesund ist.“

Stattdessen wird jemand anderes das Auto fahren. Wird schon hinhauen. Keinen Fluchtautofahrer im Team zu haben wäre aber trptzdem dumm, denn so einen braucht man nun mal höchstwahrscheinlich, wenn man eine Bank erfolgreich überfallen will. CFT heißt also:

Jedes Teammitglied hat eine – evtl. starke – Spezialisierung.

Alle arbeiten gemeinsam (!) an einem Ziel.

Das Team vereint alle Kompetenzen, die es braucht, um das Ziel zu erreichen.

(Alle lernen von einander.)

 

Ein gutes CFT lässt sich helfen: Shared ressources

Es wäre unökonomisch, Spezialisten fest im Team zu haben, die man nur ganz selten braucht. Ein gern verwendetes Beispiel für cross-funktionale Softwareteams ist der Datenbankspezialist. Den braucht man zwei bis drei Mal über das Projekt hinweg. Er kann unser und auch andere Teams versorgen, er ist eine Dienstleister, der mehreren anderen zuarbeitet (Neudeutsch: shared resource). Im Heist-Team brauchen wir keinen Ausweisfälscher, die gefälschten Ausweise für die Flucht kaufen wir vorab. Vermutlich fälscht der Fälscher nicht nur für uns Ausweise. Er ist eine shared resource der Unterwelt.

 

Warum CFTs hotter sind als geschnitten Brot

Die meisten Aufgaben und Probleme in unserer heutigen Arbeitswelt sind komplexe Probleme für Wissensarbeiter. Interdisziplinäre Zusammenarbeit von generalisierenden Spezialisten im Team ist eine Antwort darauf. CFT können effizienter und effektiver die Expertise vereinen und auf die Straße bringen, die es braucht, um ein Problem zu lösen, sie sind outcome-orientiert. Nicht-cross-funktionale Teams sind viel eher aktivitäts-orientiert, weil ihnen, wegen Silostruktur, Outcomes weniger zugänglich sind. Wenn es um Kreativität und Geschwindigkeit der Lösung geht, sind deshalb CFT Einzelarbeitern und Nicht-CFT fast immer überlegen.